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Thema des Tages bei den Wettervorhersagen ...



Wetter aktuell

10 Jahre Bützow ? Ein Tornadoausbruch der in Erinnerung bleibt


Vor 10 Jahren ereignete sich ein folgenreicher Tornadoausbruch über
dem Nordosten Deutschlands. Im heutigen Tagesthema blicken wir auf
das Ereignis zurück.


Am 05.05.2015, also am Montag vor genau 10 Jahren, gab es im
Nordosten Deutschlands ein Wettereignis, das die Kleinstadt Bützow in
Mecklenburg-Vorpommern bundesweit bekannt machte und viele
Bützower:innen wohl nicht vergessen haben. Innerhalb von Minuten hat
ein Tornado große Schäden angerichtet und eine Schneise der
Verwüstung in der Kleinstadt hinterlassen.

Zehnter Jahrestag

Anlässlich des zehnten Jahrestags des Ereignisses gibt es in Bützow
heute eine Gedenkveranstaltung und eine Sonderausstellung zu dem
Ereignis ist geplant (siehe: https://www.nordkurier.de/regional/guestrow/hier-wuetete-ein-verheere
nder-tornado-ich-erinnere-mich-an-ein-bild-der-zerstoerung-3505478
oder https://www.nordkurier.de/regional/guestrow/5-mai-2015-der-tag-an-dem
-ein-tornado-buetzow-verwuestete-2839448).
Man muss von Glück sprechen, dass es an diesem Tag keine Todesopfer
und ?nur? 40 Verletzte zu beklagen gab. Der Schaden wird nach
damaligem Wert auf mehr als 40 Millionen Euro geschätzt.

Tornado Outbreak

Auch wir möchten nochmal zurückschauen auf das Ereignis. Auch wenn
der 05.05.2015 mit dem Namen Bützow verbunden ist, gab es an diesem
Tag nicht nur diesen einen Tornado, sondern ganze sieben Stück. Man
spricht in diesem Zusammenhang von einem sogenannten ?Tornado
Outbreak? (deutsch: Tornadoausbruch). Bei einem Outbreak kommt es,
gekoppelt an eine Gewitterlage, zu mindestens fünf Tornados, wobei
einer der Tornados die Stärke IF2 erreichen muss (Internationale
Fujita Skala:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2024/4/11.html) und
damit definitionsgemäß ein signifikanter Tornado ist. Solche
Ereignisse mit multiplen Tornados sind eher selten. Zuletzt gab es
dies am 20.05.2022 rund um den Tornado bei Paderborn, als acht
Tornados registriert wurden
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2022/5/30.html).

Der Tornadomodus von Gewittern [Zwischenüberschrift]

Am 05.05.2015 konzentrierte sich die Tornadoaktivität auf Mecklenburg
und alle Tornados traten innerhalb einer einzigen Stunde zwischen 18
und 19 Uhr MESZ auf.
Interessant ist, dass alle Tornados von nur zwei Gewitterzellen
verursacht wurden. Dies ist ein Phänomen, das man tatsächlich recht
häufig bei ausgeprägten Tornadolagen beobachten kann. Während manche
Gewitterzellen bei ähnlichen Bedingungen keinen Tornado
hervorbringen, können andere wiederholt Wirbel erzeugen. Diese Zellen
befinden sich in einem ?Modus der Tornadoproduktion?. Warum das so
ist, wird weiterhin erforscht (siehe dazu auch (https://www.schweizerbart.de/papers/metz/detail/31/102440/Analysis_o
f_significant_tornado_events_in_Central_Europe_synoptic_situation_and
_convective_development).

Ablauf der Tornados

Den ersten Tornado gab es um 18:05 Uhr MESZ in Neu Kaliß, dieser
hatte eine Stärke von IF0 (um 90 km/h). Der erste signifikante
Tornado wurde in Groß Laasch (südlich der Bützow-Zelle) beobachtet.
Dieser wies eine Stärke von IF2.5 (um 250 km/h) auf. Um 18:48 Uhr
MESZ war es dann soweit, die nördliche der beiden Zellen hatte schon
dreimal einen Tornado hervorgebracht, ehe genau über Bützow ein
Tornado der Stärke IF3 (um 290 km/h) registriert wurde. Eben jene
Gewitterzelle brachte um 19:05 MESZ nochmal einen fünften Tornado in
Woland hervor, der eine Stärke von IF1.5 (um 180 km/h) hatte.

Wetterlage

Schauen wir nochmal auf die Wetterlage. Am Morgen des 5. Mai 2015
erinnerte noch nichts an die bevorstehende Katastrophe. Der Himmel
über Bützow war bedeckt und es regnete. Und auch um die Mittagszeit
zog nochmal ein Regengebiet über die Kleinstadt. Nachfolgend
lichteten sich die Wolken am Nachmittag und es wurde doch noch ein
sonniger Frühlingstag mit Höchstwerten um 16 Grad. Der Regen gehörte
zur Warmfront eines Tiefs bei den Britischen Inseln. Wie üblich gibt
es bei Tiefdrucksystemen auch eine Kaltfront. Diese erreichte den
Nordwesten Deutschlands am frühen Nachmittag. Eine Gewitterlinie zog
von der Nordsee landeinwärts und kam im Laufe des Nachmittags über
dem Norden rasch ostwärts voran. Es dauerte gerade einmal vier
Stunden, bis die Gewitterlinie vom Emsland Mecklenburg erreicht hatte
und sich die Wolken schlagartig verdunkelten.

Vorgelagerte Superzellen

Nun kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu. Im Vorfeld der eigentlichen
Kaltfront haben sich noch zwei vorgelagerte Gewitter gebildet, zwei
sogenannte Superzellen. Diese beiden vorgelagerten Superzellen
standen dabei in Wechselwirkung mit der sich nähernden Kaltfront.
Diese beiden Hauptprotagonisten waren letztendlich für die sieben
Tornados verantwortlich. Die Kaltfront holte schließlich die
vorgelagerten Zellen ein und integrierte sie in die Gewitterlinie.
Damit war die Tornadogefahr gebannt, aber durch die Wechselwirkung
produzierte die Linie noch mehrere heftige Böen auf ihrem Weg nach
Osten. Eine davon traf den kleinen Flughafen Laage, wo eine
Geschwindigkeit von 126 km/h gemessen wurde.

Zutatenmethode

Die Gewitterlage 2015 war sehr klassisch. Um Gewitter vorherzusagen
schauen wir Vorhersagemeteorologen uns verschiedene Zutaten an:
Feuchtigkeit, Labilität und Hebung
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/5/9.html). Damit
ein einfaches Gewitter zu einer schadensträchtigen Superzelle
heranwachsen kann, braucht es ein entscheidendes Gewürz ? die
Windscherung
(https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/6/22.html). Am Tag
des Bützow-Tornados passten alle Zutaten perfekt zusammen. Für
Tornados kommt es insbesondere auf die Scherung im unteren
Troposphärenbereich zwischen 0 und 1 km an und auch diese Werte waren
ausgesprochen hoch. Da gleichzeitig auch noch die Wolkenuntergrenze
ziemlich niedrig war (geringer als 1000 m über Grund), war alles
perfekt aufbereitet und das Potential für Tornados stark erhöht (mehr
zur Tornadopotentialvorhersage:
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2021/7/19.html). Die
Tornados am 05 Mai 2015 kamen also nicht aus dem Nichts, sondern es
war wie eine Lage aus dem Lehrbuch.

Zehn Jahre danach ? der Fall bleibt in Erinnerung

Mittlerweile erinnert kaum noch etwas an das Ereignis von vor zehn
Jahren, vergessen wird diesen Tag aber wohl niemand. Auch unter
Meteorologen fällt der Name Bützow regelmäßig, wenn es um das Thema
?Starke Tornados in Deutschland? geht.

(Die Bilder und Links zum heutigen Thema des Tages finden Sie wie
immer im Internet unter www.dwd.de/tagesthema.)

Dipl. Met. Marcus Beyer

Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 04.05.2025

Quelle: © Deutscher Wetterdienst, Offenbach